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Neues vom Berg und Verein

Wussten Sie eigentlich, dass...

… der französische Schriftsteller Alexandre Dumas den Donnersberg bereist und ihn in einem seiner Romane erwähnt hatte?

Die meisten kennen die Romane von Alexandre Dumas, wie „Die drei Musketiere“ oder „Der Graf von Monte Christo“. In seinem, 1846 erstmals veröffentlichten Roman „Der Ratschluss des Magiers“, spielt der Donnersberg gleich zu Beginn eine wichtige Rolle. Die Wildheit, die Undurchdringlichkeit des damaligen Donnersbergs inspirierte Alexandre Dumas zu einer mystischen Landschaftsrecherche.

Spannend, wie in allen seiner Romane, beschreibt Dumas, wie am Vorabend der Französischen Revolution geheimnisvolle Kräfte und Menschen die blutigen Ereignisse und den Umsturz vorbereiten. Die ersten geheimen, verschwörerischen Vorbereitungen finden auf dem Donnersberg statt.
Joseph Balsamo, Kopf des Geheimbundes, zugleich Magier und Alchimist, der sich außerdem Acharat, Großkophta oder Graf von Phönix nennt, zieht sein Netz aus Intrigen immer enger. Er verfügt über bemerkenswerte Fähigkeiten: Er kann hellsehen, Wasser in Wein verwandeln – und Wein in Wasser – und in beliebiger Menge Gold herstellen. Vor allem die Damenwelt ist fasziniert von diesem stattlichen Mann, der alles zu wissen und alles zu können scheint. Über die Frauen des Adels verschafft er sich Zugang zum Königshof, wo niemand etwas von dem unglaublichen Komplott ahnt, das Balsamo plant.

Hier eine Leseprobe:

„Der Donnersberg“

Am linken Ufer des Rheins, einige Meilen von der Kaiserstadt Worms entfernt, beginnen etwa in der Gegend, wo das kleine Flüsschen Selz entspringt, die Ketten mehrerer Berge, deren Rücken wie eine Herde aufgescheuchter Büffel, die im Nebel verschwinden, nach Norden zu fliehen scheinen.

Diese Berge, die schon von ihren Hängen an eine fast öde Landschaft beherrschen und gleichsam das Gefolge der höchsten unter ihnen bilden, tragen ausdrucksvolle Namen, die ihre Gestalt bezeichnen oder eine Überlieferung ins Gedächtnis zurückrufen: Der eine heißt Königsstuhl, der andere Rosenfels, dieser Falkenstein und jener Schlangenkrone.

Der höchste von allen, der am weitesten in den Himmel aufragt und dessen granitene Stirn ein Kranz von Ruinen krönt, ist der Donnersberg.

Wenn sich am Abend die Schatten der Eichen verdichten, wenn die letzten Sonnenstrahlen vor dem Erlöschen die mächtigen Häupter dieses Riesengeschlechts vergoldet haben, möchte man meinen, das Schweigen der erhabenen Himmelshöhen senke sich auf die Ebene nieder und ein unsichtbarer mächtiger Arm stecke sich von ihren Hängen aus, um über die vom Tageslärm und Tagesarbeit ermüdete Welt jenen weiten blauen Schleier zu breiten, auf dessen Grund die Sterne funkeln. Unmerklich geht alles von Wachen in Schlaf über. Alles auf der Erde und in der Luft schlummert ein...
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Ein Stückchen oberhalb seiner Quelle, zwischen Albisheim und Kirchheimbolanden, schlängelt sich ein von tiefen Wagenspuren gefurchter Hohlweg zwischen zwei steilen Felswänden nach Dannenfels. Hinter Dannenfels wird dieser Weg ein Fußpfad, dann wird sogar dieser Pfad immer schmaler, verwischt sich, verliert sich, und vergeblich sucht das Auge etwas anderes am Boden als den Fuß des ungeheuren Donnersbergs, dessen geheimnisvoller, so oft vom Feuer des Herrn heimgesuchter Gipfel, wonach der benannt wurde, sich hinter einem Gürtel grüner Bäume wie hinter einer undurchsichtigen Mauer verbirgt...
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Am 6. Mai 1770, in der Stunde, wo die Wasser des großen Flusses sich mit einem rosig weißen Reflexe färben, das heißt in dem Augenblick, wo für das ganze Rheingau die Sonne hinter der Turmspitze des Münsters von Straßburg untergeht, das sie in zwei feurige Hemisphären zerschneidet, erschien ein Mann, nachdem er durch Alzey und Kirchheimbolanden geritten war, jenseits des Dorfes Dannenfels, folgte dem Fußpfade, solange derselbe sichtbar blieb, stieg sodann, als jede Spur des Weges verschwand, von seinem Pferde, nahm es beim Zügel und band es ohne Zögern an die erste Tanne des furchtbaren Waldes.
Das Tier wieherte sehr unruhig und der Wald schien bei diesem ungewohnten Geräusch zu beben.

„Gut! Gut!“ murmelte der Reisende; „beruhige dich, mein guter Dscherid; wir haben zwölf Stunden zurückgelegt und du bist wenigstens am Ziele deines Laufes angelangt.“

Und der Reisende suchte mit dem Blicke die Tiefe des Blätterwerks zu ergründen; aber die Schatten waren bereits so undurchsichtig, dass man nur die schwarzen Massen unterschied, welche sich von andern, noch dichter schwarzen Massen abhoben. Nach dieser unfruchtbaren Forschung wandte sich der Reisende zu dem Tiere um, dessen arabischer Name zugleich seinen Ursprung und seine Schnelligkeit bezeichnete, nahm es mit beiden Händen unten am Kopfe, näherte die rauchenden Nüstern desselben seinem Munde und sprach: „Lebe wohl, mein braves Pferd; wenn ich dich nicht wiedersehe, lebe wohl.“

Diese Worte waren von einem raschen Rundblicke begleitet, als hätte der Reisende gehört zu werden befürchtet oder gewünscht.

Das Pferd schüttelte seine seidene Mähne, stampfte mit dem Fuße auf den Boden, und wieherte mit jenem Wiehern, wie es dieses Tier bei Annäherung des Löwen in der Wüste hören lassen musste. Der Reisende bewegte diesmal nur den Kopf von oben nach unten, mit einem Lächeln, als wollte er sagen: „Du täuschest dich nicht, Dscherid, die Gefahr ist hier.“

Ohne Zweifel zum Voraus entschlossen, die Gefahr nicht zu bekämpfen, nahm der abenteuerliche Unbekannte aus seinem Sattelbogen zwei schöne Pistolen mit ziselierten Läufen und mit Kolben von Vermeil, zog mit dem Krätzer die Ladung heraus, warf den Pfropf und die Kugel weg und schüttete das Pulver auf den Boden. Als dies bewerkstelligt war, steckte er die Pistolen in die Halfter...
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Sobald dies geschehen war, fuhr der Reisende zum letzten Male über das Kreuz von Dscherid, atmete, als wollte er seiner Brust den vollen Grad der Ausdehnung geben, den sie erlangen konnte, suchte dann vergebens irgend einen Fußpfad und trat, als er keinen sah, auf Zufall in den Wald...
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Noch einige Schritte leitete ihn die durch die Bäume dringende düstere Abenddämmerung in seinem Marsch; aber bald hörte dieser schwache Reflex auf, und er befand sich in einer so dichten Nacht, dass er nicht mehr sah, wohin er den Fuß setzte, und ohne Zweifel aus Furcht, sich zu verirren, stehen blieb.

„Ich bin nach Dannenfels gekommen“, sagte er laut, „denn von Mainz nach Dannenfels führt eine Landstraße; ich bin von Dannenfels auf die Schwarzheide gelangt, weil sich von Dannenfels nach der Schwarzheide ein Fußpfad findet; ich bin von der Schwarzheide hierhergekommen, obgleich es dann weder mehr eine Landstraße noch einen Fußpfad gab, denn ich gewahrte den Wald; aber hier bin ich genötigt, stille zu stehen; ich sehe nichts mehr.“

Kaum waren diese Worte in einem halb französischen, halb sizilianischen Dialekte gesprochen, als ein Licht ungefähr fünfzig Schritte vor dem Reisenden hervorsprang.

„Ich danke“, sagte er, „das Licht mag nun gehen, ich werde ihm folgen.“

Sogleich ging das Licht ohne Schwankung, ohne Erschütterung, gleichmäßig sich fortbewegend, wie auf unsern Theatern jene fantastischen Flammen hingleiten, deren Gang durch den Maschinisten und den Szenisten geordnet ist.
Der Reisende machte noch ungefähr hundert Schritte, dann glaubte er etwas wie einen Hauch an seinem Ohr zu vernehmen.
Er schauerte.

„Wende dich nicht um, oder du bist des Todes!“, sagte eine Stimme rechts. „Gut“, erwiderte der unempfindliche Reisende ohne eine Miene zu verziehen.

„Sprich nicht, oder du bist des Todes!“, sagte eine Stimme links. Der Reisende verbeugte sich ohne zu sprechen.

„Aber wenn du Furcht hast“, sagte eine dritte Stimme, welche, wie die von Hamlets Vater aus den Eingeweiden der Erde zu kommen schien, „wenn du Furcht hast, so kehre zurück, du wirst dadurch bezeichnen, dass du Verzicht leistest, und man lässt dich zurückkehren, wohin du willst.“

Der Reisende beschränkte sich darauf, eine Gebärde mit der Hand zu machen, und setzte seinen Weg fort.

Die Nacht war so finster und der Wald so dicht, dass der Reisende trotz des Scheines, der ihn leitete, nur strauchelnd vorrückte. Die Flamme marschierte ungefähr eine Stunde, und der Reisende folgte ihr, ohne ein Murren hören zu lassen, ohne ein Zeichen der Furcht von sich zu geben. Plötzlich verschwand sie.

Der Reisende war außerhalb des Waldes. Er schlug die Augen auf; durch das düstere Azur des Himmels funkelten einige Sterne. Er marschierte in der Richtung weiter, in der das Licht verschwunden war; aber bald sah er, dass sich eine Ruine, das Gespenst eines alten Schlosses, vor ihm erhob. Zu gleicher Zeit stieß sein Fuß an Trümmer.

Alsbald klebte sich ein eisiger Gegenstand an seine Schläfe und vermauerte seine Augen. Von da an sah er nicht einmal mehr die Finsternis.

Eine Binde von benetzter Leinwand umschloss seinen Kopf. Es war ohne Zweifel eine verabredete Sache, wenigstens war es eine Sache, die er erwartete, denn er versuchte es nicht, die Binde aufzuheben; er streckte nur schweigend die Hand aus, wie es ein Blinder tut, der nach einem Führer verlangt.

Diese Gebärde wurde begriffen, denn in demselben Augenblick klammerte sich eine kalte, trockene, knochige Hand an die Finger des Reisenden an.

Er erkannte, dass es die fleischlose Hand eines Skelettes war; wäre aber diese Hand mit Gefühl begabt gewesen, so würde sie erkannt haben, dass die seinige nicht zitterte. Dann fühlte sich der Reisende rasch durch einen Raum von ungefähr hundert Klaftern fortgezogen. Plötzlich verließ die Hand die seinige, die Binde flog von seiner Stirne, und der Unbekannte blieb stehen:

Er war auf dem Gipfel des Donnersbergs angelangt.

 

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