Exkursion ins Umfeld der
Heuneburg
Der Donnersbergverein e. V. führte am Wochenende vom 14.10 - 15.10.2017 eine Exkursion
nach Baden-Württemberg durch. Als Ziel hatten wir uns die Höhenbefestigungen im Umfeld
der Heuneburg ausgesucht, da dort in den letzten Jahren spannende Entdeckungen gemacht
wurden, die ein neues Licht auf die Beziehungen zwischen Zentralort und Umland werfen.
Entstanden diese Befestigungen als „Trabanten“ des Zentralortes Heuneburg oder wurden
sie als jeweils eigenständige Herrschaftszentren angelegt?
Am Samstagmorgen fanden sich bei strahlendem Sonnenschein insgesamt 12 Teilnehmer im
Alter von 6 Wochen bis 60+ Jahren in Langenenslingen ein, um sich mit Prof. Dirk Krausse,
dem Landesarchäologen von Baden-Württemberg zu treffen. Zunächst ging es zur „Alten
Burg“, einem markanten Geländesporn, der in der Hallstattzeit von einer mindestens 10 m
hohen Mauer, einem mächtigen Graben und zwei vorgelagerten Wällen geschützt wurde.
Das ca. 2 ha grosse Plateau wurde mit großem Aufwand eingeebnet, so dass eine plane
Fläche entstand. Zum Teil wurde Fels abgetragen, zum Teil wurden quer zum Plateaurand
Steinriegel angelegt und die Zwischenräume mit losem Material verfüllt. An den Seiten der
Bergzunge wurden jeweils Terrassen angelegt; etwas weiter unterhalb umschließen ein
Graben und Wälle den gesamten Bergsporn.
Bei diesem für die Zeitstellung und Region bisher einzigartigen Geländedenkmal dürfte es
sich nicht um eine normale Siedlung gehandelt haben, sondern um einen wichtigen
zentralen Versammlungsplatz, möglicherweise auch um einen Ort für Wettkämpfe.
Unser nächster Halt war die Große Heuneburg bei Zwiefalten-Upflamör, eine weitere
Höhenbefestigung, die mit ca. 5 ha Innenfläche tatsächlich grösser ist als das 3 ha
umfassende Plateau der Heuneburg. Nach fast 100-jähriger Unterbrechung finden seit 2016
dort erstmals wieder archäologische Ausgrabungen statt. Bereits in der ersten
Grabungskampagne konnten eine mächtige Befestigungsmauer der frühkeltischen Zeit und
die Reste eines grossen Gebäudes aus dem 7. Jahrhundert vor Christus freigelegt werden.
Ein Ziel der Forschungen im Umland der Heuneburg ist es auch, die ländlichen Siedlungen zu
finden. Schliesslich mussten eine Stadt wie die Heuneburg und auch die anderen
Höhenbefestigungen von ihrem Umland mit Lebensmitteln versorgt werden.
Eine solche Siedlung wurde in Langenenslingen-Ensmad, etwa 3,5 km nördlich der Alten Burg
durch systematische Geländesurveys entdeckt. Bei den Grabungen kamen insgesamt 15
Siedlungsgruben zum Vorschein, teils Pfostengruben von Gebäuden, teils Vorratsgruben. In
diesen, in Ensmad noch bis zu 2 m tief erhaltenen Gruben wurde Getreide gelagert.
Neben der interessanten Besichtigung der Siedlungsgrabung konnten wir uns im idyllisch
direkt nebenan gelegenen Ziegenhof mit Käse aus eigener Produktion stärken. Auch die
Wallfahrtskapelle St. Ursula wurde besichtigt.
Es ging aber nicht nur um das Leben in der Hallstattzeit, sondern auch um das Sterben und
die Bestattungssitten. Die letzte Station unserer Führung mit Dr. Krausse war deshalb der
Hohmichele, dem mit etwa 13 m Höhe und 80 m Durchmesser grössten Fürstengrabhügel
der Hallstattzeit im Umfeld der Heuneburg und einem der grössten Grabhügel
Mitteleuropas. Er wurde nicht in einem Zug so hoch aufgeschüttet, sondern wuchs mit jeder
Nachbestattung neben und über dem ursprünglichen Zentralgrab weiter an. In den
verschiedenen Gräbern wurden u.a. reich verzierte Gewebereste, Ketten aus Glas- und
Bernsteinperlen, Reste von vierrädrigen Wagen und reich verzierte Bronze- und
Keramikgefässe gefunden. Ursprünglich waren wohl noch mehr Beigaben vorhanden, aber
viele der Gräber wurden schon kurz nach dem Anlegen beraubt.
Nach einem herzlichen Dank an Herrn Dr. Krausse für die sehr informative und engagierte
Führung und die Zeit, die er sich für unsere Gruppe genommen hatte, ließen wir den Tag
beim gemeinsamen Essen und guten Gesprächen im Kloster Heiligkreuztal ausklingen.
Am Sonntag besuchten wir gemeinsam zunächst das Keltenmuseum Heuneburg in
Herbertingen, wo zurzeit eine Sonderausstellung zum sogenannten Unlinger Reiter zu sehen
ist. Diese Bronzefigur wurde kürzlich in einem frühkeltischen Wagengrab in Unlingen am
Fuße des Bussens gefunden und ist die älteste Reiterdarstellung Deutschlands. Sie
unterstreicht die Bedeutung des Reitens und von Pferden bei den Kelten.
Natürlich durfte auch die Heuneburg selbst als Zentrum des Befestigungs- und
Siedlungssystems in dieser Region nicht fehlen. Die einzigartige rekonstruierte
Lehmziegelmauer und der Blick auf den renaturierten Oberlauf der Donau (nachdem sich
der Nebel gelichtet hatte!) sind immer wieder beeindruckend.
Durch die Forschungen der letzten Jahrzehnte hat sich der Blick auf die Heuneburg radikal
geändert: galt sie ursprünglich als ein „Fürstensitz“ wie viele andere, hat sich inzwischen
herausgestellt, dass der ummauerte Bereich nur der Kern einer sehr viel größeren Stadt mit
vermutlich mehreren Tausend Bewohnern war, die ein wahrscheinlich über 1.000 km² großes
Gebiet mit Gräberfeldern, Dörfern, Verkehrsverbindungen und Versammlungsplätzen
kontrollierte.
Es bleibt also spannend – wer weiß, was die Region um die Heuneburg noch an
Überraschungen bereithält!
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